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#3 SUNDAYS… die Eigenverantwortung…

Sonntags, 04:30 Uhr und ich sitze in meinem Bett, ein Kaffee steht an meiner Seite, die Hunde schlafen (und schnarchen auch ein bisschen), die Weihnachtslichter werfen ein gemütliches Licht über meine Kissen und Decken.

Ich bin einfach wach und habe es aufgegeben, mich in solchen Momenten zu quälen. Heute ist Sonntag und notfalls kann ich immer noch ein Nickerchen auf dem Sofa halten… später, wenn mich die Müdigkeit doch einholen sollte.

Erster Advent ist heute und ich bin gerade ganz beseelt. Meine Küche war in den Morgenstunden gefüllt mit 3 Jungs (eigentlich schon junge Männer), die von einer Party kamen und offensichtlich noch Hunger hatten. Auf dem Herd steht ein Topf und im Waschbecken ein Nudelsieb. Während der Kaffee in meine Tasse läuft, spüre ich das Holz unter meinen Füssen, der Schnee hängt in den Bäumen und alles ist ganz still. Würde mich jetzt jemand nach meinem Gefühl fragen… dann wäre es Glück pur… Das war es, was ich mir immer gewünscht habe, ein offenes Zuhause, wo man sich morgens um 04 Uhr Spaghetti kochen darf.

In diesem Jahr bin ich auf viele unterschiedliche Frauen in den unterschiedlichsten Konstellationen getroffen. Das ist wunderbar schön, manchmal auch ein bisschen anstrengend und unglaublich lehrreich. Im besten Fall durchläuft man eine positive Metamorphose im Umgang miteinander.

An einem wirklich schönen Abend in einer größeren Runde, passierte so etwas, wie eine Eskalation. Sie war kurz und knackig, aber eben eine, die man nicht so schnell vergisst. Die Stimmung war ausgelassen und die Gespräche persönlich und offen. Es ging um die eigenen Jobs und den damit verbundenen Frust und können wir bitte mal kurz darüber sprechen, wieviele Menschen erheblich frustriert sind bei ihrer täglichen Arbeit?

Die Frau am Tisch war fast ein bisschen wütend über ihre Arbeitsbedingungen und das andere, oftmals jüngere Menschen, mehr verdienten als sie selbst. Man kann jetzt 2 Dinge tun… über den Kopf streicheln und Verständnis heucheln oder über den Kopf streicheln und das Wort „Eigenverantwortung“ in den Mund nehmen. Frust, Wut, Verbitterung… führen an sehr dunkle Orte und im seltensten Fall zu einem positiven Wandel.

Wenn ich tagtäglich auf meinen Bildschirm starre und mich darüber ärgere, dass mein Gegenüber 500 Euro im Monat mehr verdient, bediene ich den Ärger, jedoch nicht die Möglichkeit der Veränderung. Ich verharre in einer Position, die meinen Kontostand nicht positiv beeinflussen wird. Ich kann aber meinen Hintern vom Bürostuhl bewegen, an die Tür des Chefs klopfen. Ich kann verhandeln und wenn ich nicht weiterkomme… kann ich gehen.


Eigenverantwortung… alles andere ist keine Option.


Vor 2 Wochen habe ich meinen Job gekündigt. Im letzten Moment, kurz vor Ende der Probezeit. Die Rahmenbedingungen waren traumhaft und trotzdem hat es für mich nicht gepasst. Gemerkt habe ich das bereits nach gut 6 Wochen, aber das wirklich zu akzeptieren, war eine ganz andere Nummer. Als ich mich im März in den Bewerbungsprozess stürzte, suchte ich eigentlich nur nach Arbeit, die mich über die Runden bringt, ohne großen Anspruch an die Aufgabe oder an mich selbst. Hauptsache Arbeit eben, Miete zahlen und Kühlschrank füllen können.

Und dann habe ich eben doch gemerkt, dass da immer noch dieses Feuer in mir brennt. Das ich mich mit 46 noch nicht aufs Abstellgleis begeben muss. Ich kann noch ein Teil von etwas sein, etwas bewirken und meinen Bildungshorizont erweitern. Ich kann noch ein bisschen mehr für mich, meine Rente, meine persönliche Absicherung tun.


Ich will nicht einfach nur vor mich hin leben. Ich will leben.


Ein weiterer, nicht unerheblicher Punkt… Homeoffice. Hybrides Arbeiten ist ein Privileg und ich würde das nicht mehr missen wollen. Gleichzeitig hatte ich wenig bis keine Verbindung zu Menschen und das hat mir maximal gefehlt.

Zum allerersten Mal, seit vielen Jahren, hatte ich so was wie sicheren Boden unter den Füssen und das freiwillig aufzugeben, weil der Bauch streikt, weil sich nichts so richtig gut anfühlt, war… eine verdammt schwierige Entscheidung.

Ich kann nur etwas zum Besseren verändern, wenn ich mich aus der Komfortzone bewege, mich meiner Eigenverantwortung stelle. Bleibe ich – frustriert – an einem Ort und laufe nur auf halber Kraft und gebe mich ein Stück weit der Verbitterung hin oder möchte ich gestalten und mein Leben selber steuern? Wie wertvoll bin ich denn für einen Arbeitgeber, wenn ich Potential, Energie und Freude einfach am Eingang zum Büro abgebe?

Inmitten all dieser Emotionen ist es schwer einen klaren Blick zu behalten und die (möglichst) richtigen Entscheidungen zu treffen. Mir hilft es dann immer in eine Art Handlungsprozess überzugehen und nicht in der Lethargie zu verweilen. Veränderung passiert nicht, wenn ich mit meinem Gedankenkarussell auf dem Sofa hocke. Aber auch das tue ich… ich hocke auf dem Sofa, denke dann vor mich hin, fühle Ängste, weine und empfinde mich als völlig verrückt… aber ich handle dann auch und spätestens dann lichtet sich dieser Wald von merkwürdigen, manchmal nicht zu definierenden Emotionen.

Ich habs gehasst… nochmal Bewerbungen, nochmal unendlich viele Gespräche. Und es war deutlich schwieriger, als im Frühjahr, weil ich wusste was ich wollte und was ich nicht wollte. Ich hab mich nicht mal annähernd verbogen. Ich hatte nichts zu verlieren, bewarb mich aus einer sicheren Position und ging von Gespräch zu Gespräch zu Gespräch… bis es… klick machte.

An dieser Stelle sei gesagt… der ökonomische Umgang mit Frauen ist wirklich bitter und ein Thema, was einen eigenen Blogartikel verdient. Ein Gehalt, für das man 40 Stunden arbeitet in der Woche, sollte uns zumindest mal die Existenz sichern, ohne das man sich die letzten 14 Tage des Monats ausschließlich von Toastbrot ernähren muss. Das ist in den Köpfen vieler Arbeitgeber noch nicht angekommen und wir sprechen hier nicht von Kleinbetrieben, sondern mittelständischen bis großen Unternehmen.

Wir Frauen müssen besser werden bei diesen Themen. Wenn wir uns nicht bemerkbar machen, werden wir auch nicht gesehen und wir alle brauchen dieses „FUCK YOU MONEY“… Wieviele von uns scheuen Veränderung oder auch das Thema Eigenverantwortung, weil die Freiheit der finanziellen Entscheidung fehlt. Das ist ein Teufelskreis. Also müssen wir unbedingt lernen für uns selber einzustehen und nein… das ist nicht leicht, aber alles was danach kommt ist eine Lernkurve, die uns wegführt von Frust, Wut, Verbitterung… und ganz wichtig… weit weg von Abhängigkeit.

Ich wünsche Euch einen traumhaften Sonntag und den schönsten ersten Advent.

Eure Andrea

12 Kommentare

  • Kirsten

    Liebe Andrea,

    du triffst mal wieder den Nagel so was von auf dem Kopf. Es könnten meine Gedanken sein, die du niedergeschrieben hast. Ich schaffe, es nur nicht, die so auf den Punkt zu bringen wie du jedes Mal.

    Ich sammele grade noch ein bisschen Mut, für ein Gespräch im Januar, genau das betreffend. Ein Mann an meiner Stelle hätte sicher für mein Gehalt nicht angefangen dort zu arbeiten, wo ich bin. Dabei bin ich selbst meine Haupternährerin, es gibt niemanden ausser mir, der für mich die Verantwortung trägt. Also raus aus der Konfortzine und dem Denken, habe ich denn überhaupt mehr verdient. Ja, das habe ich!!!! Definitiv!!!! Wenn ich die Männer in meinem Job so beobachte, die verkaufen sich anders, aber sind sie auch besser?! Ganz klares NEIN!!! Also ran an die Gehaltserhöhung!!!

    Danke für deine Mutmacher!!! 🙏🏻 ❤️

    • Andrea W.

      Es geht nicht ums verdienen sondern ums wert sein. Was bist du dir und fürs Unternehmen wert. Ich bin seit vielen Jahren Unternehmerin und mag es einfach wenn mir jemand den Mehrwert sagen kann. Etwas besonderes, etwas wo du aus der Komfortzone gehst oder auch einen andere Aufgabe übernehmen möchtest. Es sollte immer ein Geben und Nehmen sein, wenn ich sehe das eine Mitarbeiterin nicht nur „Pärsonahl“ ist sondern eine Mitunternehmerin die mitdenkt, bin ich doch als Chefin,Vorgesetzte, Firmeninhaberin auch bereit dieses zu wertschätzen. Der Vergleich von Herr XYZ bekommt mehr Gehalt und macht weniger, mehr oder gleich viel hinkt etwas, dann gehst du in den Vergleich und wir Menschen sind alle unterschiedlich. ❤️

  • Ina

    Liebe Andrea – ich ziehe den Hut vor deinem Mut – aber so bist Du – wenn es nicht passt muss es geändert werden. Du wirst den passenden Job finden – da bin ich mir ganz sicher. Ich wünsche Dir einen schönen 1. Advent.

  • Andrea W.

    Liebe Andrea,
    ich freue mich so sehr für dich. Vertrau deinem Bauchgefühl und mache das was dir gut tut. Ich bin vor vielen Jahren mal zu meinem Chef gegangen und habe gesagt “ ich arbeite hier weil es mir Spaß bringt und ich gerne arbeite, nicht wegen dem Geld. Jobs gibt es genug um nur Geld zu verdienen. Also reden sie ordentlich mit mir“. Wir müssen viel mehr für uns einstehen und unseren Wert zeigen, uns zeigen. Danke, daß du allen Frauen Mut machst ❤️

    • Andrea

      Liebe Andrea, das liegt uns wohl ein bisschen im Blut, wie wir schon feststellen durften und ja ich hoffe sehr, dass es Mut macht und ein bisschen Transparenz schafft. Wenn wir all die Erfahrungen hinter verschlossenen Türen für uns behalten, verändern wir nichts. LG und bis hoffentlich bald.

  • Gina

    Hallo Andrea,
    leider habe ich den Eindruck, dass die Entwicklung der Arbeitswelt wieder rückwärts läuft oder stagniert. Die Arbeitszeit erhöht sich, die Anforderungen sind oft immens und dem gegenüber stehen befristete Arbeitsverträge, unterirdische Gehälter etc. Und so lange Arbeitnehmer das mitmachen oder gar durch ehrenamtliche Arbeit (was an sich toll ist) unterstützen (dafür wird dann bezahltes Personal ersetzt) wird sich wohl nichts ändern. Ich glaube, das gesamte System muss wohl leider erst kollabieren.
    Nach deinem Artikel ist mir nicht klar, ob Du bereits eine neue Stelle hast oder was Du genau suchst. Etwas irritierend finde ich, dass Du Dich über die Zeit immer sehr positiv, geradezu begeistert über die Arbeit sowie über Berlin geäußert hast. Was ist passiert, frage ich mich! Wünsche Dir einen schönen ersten Advent.

    • Andrea

      Liebe Gina, danke für Deinen Kommentar. Einen ähnlichen Eindruck habe ich auch. Deswegen auch der Text – für mehr Transparenz unter uns Frauen. Irritierend finde ich allerdings Deine Frage nachdem was passiert ist – denn das steht im Artikel. Und ich habe begeistert über Berlin erzählt, aber nicht über meine Arbeit. Ich habe weder erzählt wo ich bin, noch was ich konkret mache. Und das ich mich während meiner Probezeit nicht öffentlich mit meinem persönlichen Struggle äußere, versteht sich ja irgendwie von selbst. Und aus dem Text geht auch hervor, wie der aktuelle Status ist. Ein Learning der letzten Jahre ist… erst über etwas zu schreiben, wenn alles wieder im Lot ist. Meine Geschichte dazu dient lediglich als Anhaltspunkt für das eigentlich Thema Eigenverantwortung. Ganz davon abgesehen würde ich mich über keinen Arbeitgeber öffentlich äußern, egal wie schlecht es gelaufen ist… was hier nicht der Fall ist. Es muss nicht immer was schlimmes passieren, damit man eine Entscheidung für Veränderung trifft. Im Gegenteil, ich bin sehr dankbar für die vergangenen 6 Monate, weil sie mir meinen Weg aufgezeigt haben. Liebe Grüße und ebenfalls einen schönen, ersten Advent

  • Brödnow Silke

    …. wirklich zu kurz ich hoffe es kommt Teil 2.
    Aber erstmal wünsche ich dir morgen einen fantastischen 1. Arbeitstag ♥️
    Lg Silke

  • Brödnow Silke

    …. wirklich zu kurz ich hoffe es kommt Teil 2.
    Aber erstmal wünsche ich dir morgen einen fantastischen 1. Arbeitstag ♥️

  • Petra von FrauGenial

    Das liebe ich an Dir, man merkt, dass Du eine Macherin bist und auch dafür einstehst. Und manchmal muss man einfach ins kalte Nass springen, in das Ungewisse, aber das es immer noch besser ist, als etwas halbherziges zu tun, welches einen doch wirlklich viel Zeit und Kraft kostet. Ich finde es großartig, dass Du dafür einstest, und auch deinen Wert kennst. Das musste ich über mehrer Arbeitsstätten lerne und bin froh, vor zwei Jahren den Job gewechselt zu haben, weil ich mir meines Potenzials bewusst bin und sicherlich nicht für ein Brot und ein Ei arbeite, wenn man besonders bedankt das von Jahr zu Jahr die Inflation einen auf dem Rücken sitzt.

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