
KOFFERGESCHICHTEN – OH SÜDAFRIKA #1
06:01 Uhr. Freitag. In Kapstadt.
Es dämmert, und wie jeden Morgen knallen die Wellen förmlich an den Strand. Laut ist er hier, der Atlantik. Manchmal so laut, dass man einen riesigen Sturm vermuten könnte – aber es sind lediglich die Wellen, die sich direkt vor meinem Fenster brechen.
Fünf Jahre sind vergangen, und ich hätte fast nicht mehr daran geglaubt, jemals zurückzukehren. Vielleicht hatte ich sogar ein bisschen Angst davor. Zu krass war der Kontrast, als wir Ende Februar 2020 aus der gefühlt glücklichsten Zeit hier direkt in eine nicht enden wollende Pandemie zurückkatapultiert wurden. Rückblickend erscheint diese Zeit fast unwirklich, verrückt – und doch hat sie alles verändert. Ich habe es immer noch nicht vollständig verdaut oder zu mir zurückgefunden. Oder… was schreibe ich da eigentlich? Ich meine nicht mal meine Mitte – denn ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, wo die sich befindet. Ich fühle mich seitdem ein kleines bisschen verloren. Nicht so richtig wissend, wohin und was ich eigentlich noch will in diesem Leben – mit mir darin.
Diese Reise hätte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Es fühlt sich an wie ein Abschluss dieser fünf Jahre. Endlich innehalten. Zur Ruhe kommen. Einfach mal nicht gehetzt sein. Nicht, dass ich permanent gehetzt wäre – aber es fühlt sich trotzdem anders an.

Es ist mein viertes Mal in diesem Land. Ich schlappe durchs Leben, in Shorts, Birkenstocks, Schlabbershirts – und jeden Abend sind meine Füße dreckig. Ich habe nur einen Bruchteil meiner Kleidung dabei – und es reicht völlig aus. Diese Erkenntnis hat schon vor fünf Jahren viel in mir bewegt, und sie verfestigt sich nun erneut.
Wenn du reist, kaufst du nicht einfach ein materielles Ding – du entscheidest dich für Begegnungen, Geschichten und neue Perspektiven. Im besten Fall hörst du zu und öffnest dein Herz – für fremde Kulturen und für die Menschen, die dich auf diesem Weg begleiten.
Würde ich mein Zuhause in Leipzig verlassen? Nein, auf keinen Fall. Aber ich könnte mir vorstellen, partiell an anderen Orten zu leben. Besonders in diesen Wintermonaten. Ich hätte gerne die Resilienz, dass mir die dunklen Monate nichts ausmachen – aber die Sehnsucht nach Wärme und Sonne wird mit jedem Jahr größer. Und ich glaube mittlerweile auch, dass Licht und Wärme tatsächlich enormen Einfluss auf unsere mentale Gesundheit haben. Ganz davon abgesehen spielt unsere Welt verrückt – das ist beängstigend. Wir alle brauchen unsere Inseln, um uns hin und wieder abzugrenzen.

Und wie schön ist es für mich zu sehen, dass dieses Gefühl, das ich seit 1998 mit mir trage, auf jeden übergeht, der Südafrika entweder mit mir oder auf eigene Faust bereist. Als würde man hier seinen fast leeren Akku mit einem Café Cortado am Atlantik und dieser freundlichen Gelassenheit wieder aufladen. Und ja… ich bin alt genug, um zu wissen, dass alles zwei Seiten hat. Es liegt an uns selbst, wo und wie wir hinschauen. Wie gut wir zuhören. Wie interessiert wir sind – um uns genau dessen bewusst zu sein.
Miteinander zu reden bedeutet auch zu verstehen. Also stellt Fragen – ohne andere zu beschämen. Aber stellt sie.
Wie verbringt man also eine intensive Zeit mit eigentlich fremden Frauen, ohne dass es knallt? Ich habe diesen Gedanken gar nicht erst zugelassen – weil ich absolut im Vertrauen war, dass dieses Land ein Geschenk ist. Und das sollte reichen, um einfach mal mit sich selbst und anderen komplett gut zu sein. Und genau so ist es gekommen. Wir nehmen das an, tauchen gemeinsam ein – oder auch jeder mal für sich – und mit jedem Tag fühlt es sich schöner an. Weil ich es so liebe, all das teilen zu dürfen. Gute Gespräche zu führen. Verbindungen und Verständnis zu vertiefen. Noch toleranter zu sein. Und das Leben nicht immer zu ernst zu nehmen – denn das ist es schon von ganz allein.







Ich weiß, es gibt viele Fragen zu Südafrika – und ich fasse das gerade in einem kleinen Guide zusammen. Gebt mir noch einen Moment, damit er wirklich rund wird und auf allen Ebenen weiterhilft.
Wer Lust hat, kann gern mal hier vorbeischauen…
Neben all den anderen Minikursen und Fotokursen gibt es jetzt auch eine echt schöne Lightroom Travel Edition, und ich habe endlich meine schönsten Presets zusammengefasst. Falls wir uns also nicht in Südafrika sehen, dann vielleicht wenigstens online.
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Habt den schönsten Freitag!
Andrea


3 Kommentare
Silvia
Deine Zeilen machen mir immer Gänsehaut und tun einfach gut.
Maria Peerenboom
Hallo Andrea,
was für ein wundervoller Bericht!! 😍
Exakt genau so geht es mir gerade mit Indien.
Wir waren im Januar 2 Wochen mit einer 30-köpfigen Gruppe dort.
Einige kannte ich, andere ein bisschen und ein paar überhaupt nicht.
Es hat sich eine gigantisch harmonische Gruppe ohne Außenseiter entwickelt – über tiefsinnige Gespräche bis zur Polonaise im Bus war alles dabei. 🎶
Beim Essen hat sich jeder auf den nächsten freien Platz gesetzt – es war einfach egal, neben wem man gesessen hat.
Und ich gebe dir Recht – die Sonne und die Wärme haben im dunklen Januar soo gut getan! ☀️
Ich wünsche dir noch eine tolle Zeit und sende liebe Grüße aus dem aktuell sonnigen Deutschland
Beate
Liebe Andrea,
Du hast so ein unglaubliches Gefühl für Sprache. Deine Worte malen Bilder, sie ziehen einen in ihren Bann und man fühlt sich, als wäre man bei Eurer Reise dabei. Du hast eine wunderbare Gabe, das weisst Du hoffentlich. Bezüglich der letzten 5 Jahre geht es mir sehr ähnlich wie Dir. Und auch die Winter hier sind für mich ähnlich unerträglich wie für Dich. Ich wünsche mir da auch schönere, leuchtendere Orte in den trüben Monaten. Eine schöne Zeit noch.