#10 Sundays... Warum ich mich von meinen Eltern "getrennt" habe...
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#10 Sundays… Warum ich mich von meinen Eltern „getrennt“ habe…

Wie schreibe ich über ein Thema, ohne mögliche Verletzungen zu riskieren? Wie schreibe ich darüber, ohne dass es den Anschein macht, es ginge um die Suche nach Schuld oder einfach nur darum, Beifall zu konsumieren?

Ich könnte jetzt lange darüber lamentieren, dass dem nicht so ist. Dass ich nur reflektieren und mich im besten Fall einfach nur austauschen möchte. Aber in Wirklichkeit weiß ich es nicht, und es wäre vermessen, solche Behauptungen von vornherein aufzustellen. Also lasst uns gemeinsam hier durcharbeiten und sehen, wo wir am Ende des Textes — der keinem Skript folgt — landen.

Warum gerade jetzt?

Ich möchte schon lange darüber schreiben. Es gibt nur wenige Bindungen, die so schwierig sein können wie die zu den eigenen Eltern. Wir tun uns schon schwer, uns von Menschen zu lösen, die keinerlei Rolle in unserem Leben spielen und uns nicht guttun, aber sich von den Menschen zu lösen, die die Basis von einem selbst sind, ist ein fast unmöglicher Kraftakt.

Vor einer Woche gab es ein intensives und gutes Gespräch mit meiner Tante. Danach wusste ich, dass ich mir irgendwann den Raum nehmen würde, meine Gedanken zu reflektieren, indem ich sie aufschreibe. Es ist ein bisschen so, wie bei der Trennung von meinem Mann vor neun Jahren. Ich möchte vermeiden, dass Trauer und Verletzlichkeit in Verbitterung enden, und das bedeutet, mich meinen Gefühlen und unbequemen Wahrheiten stellen zu müssen.

Vor knapp zwei Jahren klingelte mein Handy, und eine WhatsApp ploppte auf. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon seit gut sechs Monaten keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern und auch nicht zu meiner jüngeren Schwester. Es gab bis zum heutigen Tag nie eine Eskalation, also keinen Streit, der den Ist-Zustand erklärt hätte. Rückblickend fühlt es sich an wie ein folgerichtiges Ergebnis aus vielen kleinen Puzzlestücken.

Jedenfalls… mein Handy klingelte, und auf dem Display stand, dass mein Vater im Krankenhaus sei. Mein Herz blieb fast stehen, und ich brach sofort in Tränen aus. Mein schlimmster Albtraum wurde in diesem Moment wahr. Ich ließ alles stehen und liegen und fuhr die 500 Kilometer zu meiner Familie.

Viele Dinge, die mich in der Eltern-Kind-Beziehung verletzt haben, habe ich vergessen oder vielleicht auch einfach nur verdrängt. Aber diese wenigen Stunden, die ich dort verbrachte, als mein Vater im Krankenhaus lag, haben alles verändert. Diese Momente sind immer noch genauso präsent wie vor zwei Jahren, verursachen einen Kloß im Hals und lösen ein Gefühl tiefer Traurigkeit aus.

Es war ein Samstag, und ich durfte meinen Vater erst am Sonntag besuchen. Also blieb ich über Nacht bei meiner Mutter und verbrachte den Abend gemeinsam mit ihr und meiner Schwester. Ich war nicht ich selbst. Ich saß in diesem Wohnzimmer, hörte zu, und meine Gedanken spielten Purzelbaum mit mir. Ich gehörte hier nicht mehr hin. Ich darf hier nicht ich selbst sein. Ich muss mich verstellen, um Liebe zu bekommen. Während ich das schreibe, muss ich kurz innehalten, damit mich diese Gefühle nicht komplett überrollen.

Am Abend holte ich mir eine Decke und ein Kissen aus dem Schlafzimmer meiner Eltern, um auf dem Sofa schlafen zu können. Mein Blick fiel auf die beiden Nachttische: Auf der Seite meiner Mutter stand ein Foto vom Hund, und auf der Seite meines Vaters ein Foto meiner Schwester samt meiner Nichte.

Ich kam nicht vor. Luca kam nicht vor.

Was irgendwie lapidar klingt, fühlte sich für mich an wie ein freier Fall und gleichzeitig so, als hätte mir jemand die Augen geöffnet. Was ich sonst nur fühlte, konnte ich auf einmal sehen.

Ich legte mich schlafen, besuchte meinen Vater im Krankenhaus, verabschiedete mich und fuhr so schnell ich konnte nach Hause.

Es gab nicht einmal den Hauch eines Streits. Eher im Gegenteil. Die kurze Zeit mit meinem Vater war intensiv. Wir umarmten uns. Ich weinte aus Sorge um ihn. Auch von meiner Mutter verabschiedete ich mich ordentlich und ohne sichtbaren Konflikt. Und dennoch wusste ich instinktiv, dass der Moment gekommen war, der alles verändern würde.

Einige Wochen später hatte ich Geburtstag. Mein Vater meldete sich nicht. Meine Mutter meldete sich nicht. Meine Schwester meldete sich nicht. Ich kann das bis heute eigentlich überhaupt nicht begreifen. Ich fühlte mich klein, schutzlos, nicht gewollt.

Wie schlimm muss ich sein, damit mir das passiert?

Das war die allseits präsente Frage für mich.

Wenn dein engster Familienkreis dich ausschließt, kannst nur du der Fehler im System sein. Das ist, was erstmal davon bleibt und diese Gedanken lassen sich nur sehr schwer abstellen.

Heute weiß ich, dass dies ein Gefühl war, das mich mein Leben lang begleitet hat und bis zum heutigen Tag große Unsicherheiten in vielen alltäglichen Situationen auslöst. Es ist, als müsse ich ständig beweisen, richtig zu sein und mir mit doppelter Kraft Aufmerksamkeit und Liebe erkämpfen.

Ich kann mich nicht erinnern, je wirklich geliebt worden zu sein von meinen Eltern. Ich strenge mich wirklich an, aber ich kann einfach nichts finden in meiner Erinnerung. Ich hätte alle Anstrengungen dieser Welt unternehmen können, aber ich hätte einfach nie gereicht. Irgendwas war immer nicht richtig an mir: wie ich mich kleidete, wie ich mich ausdrückte, wie ich meinen Sohn erzog, wie ich lebte. Rückblickend wusste ich immer, was falsch an mir war, aber nie das Gegenteil davon. Das hat mich mehr geprägt, als es mir tatsächlich lange Zeit bewusst war.

Was vor zwei Jahren passierte, war, wie bereits erwähnt, einfach nur das Ergebnis einer sehr langen und schmerzhaften Wegstrecke. Der laute Knall blieb aus, und ich weiß bis heute nicht, was besser gewesen wäre. Vermutlich hätte ich mir den lauten Knall gewünscht… dann hätte ich etwas, woran ich mich festhalten könnte… eine Art Orientierung.

Es gibt Hunderte kleine Einzelteile, die alles erklären könnten. Aber als ich im Schlafzimmer meiner Eltern stand, mit dem Blick auf die Fotos auf den Nachttischen, wusste ich: Es braucht keine Erklärungen mehr. Ich existiere… aber eben nicht hier. Ich fühlte mich nicht mehr als Teil dieser Familie, und das wurde mir in diesem Moment einfach klar.


Ich hörte auf. Ich hörte auf, um Liebe zu kämpfen, die selbstverständlich sein sollte. Und als ich aufhörte, war da Stille. Dieser Kampf war einseitig und konnte nur an diesen Punkt führen.


Ist das schwer? Oh ja. Verdammt schwer. Ich glaube nicht, dass man das je wirklich hinter sich lässt. Es verblasst und die Lücken werden größer, aber die Intensität der Gefühle dazu hat bis heute nicht nachgelassen. Ich hoffe sehr, das wird irgendwann besser.

Ich weiß nicht, wie es meinen Eltern geht oder meiner Schwester. Manchmal möchte ich es wissen und oft aber auch einfach nicht. Geht es mir ohne den Kontakt heute besser? Auch das weiß ich nicht. Es fühlt sich an wie luftleerer Raum, und ich würde mir nie anmaßen, jemanden einen Rat zu geben in dieser Richtung oder hier mit großen Lebensweisheiten aufzutrumpfen. Denn unterm Strich bleibt trotzdem nur der Wunsch, sich innerhalb der eigenen Familie geborgen und geliebt zu fühlen. Und wenn das ausbleibt, hinterlässt das Wunden, die sich vermutlich nie vollständig heilen lassen.

Im Zuge der Trennung von meinem Mann und der Situation mit meinen eigenen Eltern ist im Grunde eine komplette familiäre Basis in sich zusammengebrochen. Das muss man sich auch erst einmal bewusst machen und gleichzeitig aufarbeiten. Rückblickend war das eine Mammutaufgabe. Ich habe zweimal Oma und Opa für meinen Sohn ersetzt und an vielen Stellen auch seinen Vater. Ich kann nicht mal sagen, wie ich das alles geschafft habe, ohne mich dabei komplett selbst zu verlieren und gleichzeitig noch eine hingebungsvolle Mutter zu sein. Aber irgendwie ist mir das gelungen… die Liebe zu meinem Sohn konnte Berge versetzen.

Wo stehe ich heute und gibt es irgendeine Lektion, die ich mitnehmen konnte?

Ich lerne erst jetzt, ich selbst zu sein. Das klingt in der heutigen Zeit fast ein bisschen inflationär, beschreibt es aber eben trotzdem sehr gut. Ich war lange nur eine Version von mir, aber eben nicht echt. Ich habe Gefühle und Gedanken versteckt und mich eher zurückgezogen, als zu meiner Verletzlichkeit zu stehen. Ich mache viele kleine Minischritte in dieser Richtung und merke, wie gut mir das tut. Wie unglaublich es sich anfühlt, wenn man einfach nur man selbst ist.

Aber das geht nicht ohne echte Verbindungen im Leben. Wir brauchen Menschen. Nichts ist mir so klar wie dieser Umstand, und das war lange nicht der Fall. Wenn man viel für sich alleine entscheiden muss und familiärer Halt fehlt, dann kann man sich auch leicht einreden, man brauche eigentlich niemanden im Leben. Aber das ist nicht so. Ich wäre verloren ohne die Menschen, die mir Halt, Freude und Liebe geben. Heute weiß ich… das ist ein wertvoller Schatz.

Ich trage weder Hass, noch Wut, noch Ärger mit mir herum in Bezug auf meine Eltern. Diese Form der Emotionen ist auch nichts, was mich ausmacht. Damit sage ich nicht, dass ich nicht all das fühlen kann, aber ich kann mich auf das fokussieren, was gut ist, und das erstickt all diese negativen Gefühle. Ich kann meine Familie auch lieben, ohne eine enge, schmerzhafte Verbindung.

Es war ein ziemlicher Kraftakt, wieder Halt zu finden. Aber das weiß man erst, wenn Zeit dazwischen liegt.

Viel Zeit.

Ich glaube, dass Themen wie Trennung (egal von wem) und die damit verbundene Trauer und Traurigkeit ein Tabuthema sind. Tatsächlich ist das aber ein langer Prozess, der meist im Verborgenen stattfindet. Realistisch gesehen lehnen mich meine eigenen Eltern ab, und das hinterlässt nichts als Hilflosigkeit und eine Million offene Fragen, die nie beantwortet werden. Es hinterlässt ein Schamgefühl. Es hinterlässt Schuld.

Das Ende dieser Geschichte bleibt vorerst offen, denn noch ist diese Reise nicht zu Ende. Und vielleicht habe ich das Aufschreiben dieser Worte gebraucht, um genau das zu verstehen.

Andrea

13 Kommentare

    • Ivonne Steffan

      Meine liebe Andrea,
      Ein guter Text, fast ein Tagebucheintrag den du hier mit uns teilst. Danke für dein Vertrauen. Ich weiß vieles davon aus 1.Hand von dir und dennoch weiß man im Moment des Erzählens nicht, was davon bleibend ist, was verblasst und was tiefer verletzt. So hat wohl jeder seine Momente die für den einen „unterhaltsam“ sind, während sie für den anderen „traumatisierend“ sein können. Da meine Familie und mein Aufwachsen alles andere als normal war, hab ich zu diesem Konzept auch ein ganz anderes Verhältnis. Manchmal wirkt das vielleicht recht abgeklärt oder wenig empathisch auf andere. Jedoch weiß ich, was mich gerettet hat.
      Menschen die nicht zu meiner Familie gehören! Immer wieder. Als Kind, als Heranwachsende, als Erwachsene bis heute. Menschen die mich kennen, die mich mögen, die mich mögen, obwohl sie mich kennen 😉 und die ehrliches Interesse an mir und meinem Wohlergehen haben.
      Und seit ich Kind bin immer wieder dieses Staunen darüber. Warum diese Menschen und nicht die, die mich doch eigentlich lieben sollten? Von Scham über meine Person(an der doch irgendwas falsch sein muss…) bin ich irgendwann dahin gekommen mich zu fragen ,warum wir alle davon ausgehen, dass Eltern immer richtig liegen und wir deshalb davon ausgehen , dass mit uns etwas nicht stimmt? Eltern sind doch auch nur Menschen. Und damit fehlbar. Das sagt nichts über unseren Wert als Kinder aus(die wir ja in diesem Kontext bleiben). … aber bevor ich hier einen blogpost verfasse, würde ich sagen, darüber sprechen wir demnächst persönlich weiter.
      Schön, dass es dich gibt und wir Wahlverwandte sein können. Your Sister from another mister , dein Neonzwilling …Call it names.
      Ivonne

  • Ramona

    Puuuhh, Andrea, ich sitze hier auf Arbeit während ich das lese, zum Glück ist heute nichts los, ich muss schlucken, atmen , wow …Respekt!

  • Daniela Stephan

    Hallo Andrea! Ich habe gerade deinen Beitrag über deine Eltern gelesen und ich sehe in dir meine Freundin. Also wirklich meine Freundin, nicht mich. Ich habe meinen Vater als 14 jährige verloren, da er gestorben ist. Das Verhältnis zu meiner Mutter ist okay , wir leben unter einem Dach das ist manchmal schwierig aber ansonsten ist unser Verhältnis gut.
    Bei meiner Freundin war es genauso wie bei dir. Egal was sie gemacht hat, war nie richtig und gut genug. Sie hatte damals als Beste ihren Schulabschluss gemacht . Ach nein, neben alles 1 war eine drei in Sport. Also hatten ihre Eltern was zu meckern. Sie ist nach ihrer Ausbildung nach Bayern gegangen. Alles was sie dort jetzt hat, hat sie selbst aufgebaut ohne Hilfe ihre Eltern.. Aber egal was sie gemacht hat, in den Augen ihrer Eltern war es nix wert. Was ihr Bruder und ihre Schwester machen ist alles top
    Sie lebt seit fast 30 Jahren in bay, wenn sie in dieser Zeit 10 mal ihre Eltern besucht hat, dann war das glaube viel. Für mich etwas schade, da ich und die Eltern im selben Ort wohnen. Ich könnte noch soviel darüber schreiben, aber es reicht.

    Einen schönen Sonntag

    Daniela

  • Petra

    Oh jeh… harter Tobak. Ich folge dir schon lange und habe das damals mitbekommen, als du zu deinen Eltern gefahren bist und schwupps wieder zuhause bei dir warst. Damals hattest du auch einen Text geschrieben, der mich beschäftigt hatte, wie auch heute Morgen.

    Als Mutter eines erwachsenen Sohnes habe ich mir auch schon immer Gedanken gemacht, wie geht Elternsein und wie mache ich es am besten, bzw. wie machen wir, mein Mann und ich es am besten. Ich hatte eine schöne Kindheit und wollte unserem Sohn das Gleiche angedeihen lassen. Das ist uns wohl auch gelungen, wenn wir unseren Sohn hören und dafür bin ich dankbar.

    Ich kann mir garnicht vorstellen, wie es anders wäre und deswegen würde mich auch immer die andere Seite interessieren. Wie kommen Eltern und Geschwister dazu, sich so zu verhalten? Versetzt man sich nicht in den anderen Menschen, wie der sich fühlt, wenn z. B. nur ein Foto der Schwester auf dem Nachttisch steht?

    Ich könnte noch schreiben und schreiben…. vor einiger Zeit war mal eine interessante Folge vom Nachtcafé oder Riverboat über Eltern und Kinder, über Erwartungen etc. Fand ich grandios und hat mich auch sehr beeindruckt.

    Ich wünsche dir alles Gute – von Herzen

  • Marie-Lara

    Liebe Andrea,

    musste auch sehr schlucken beim Lesen Deiner Geschichte.
    Es macht mich sehr betroffen und ich bin traurig mit Dir.
    Wenn ihr Dich irgendwie offen und ehrlich reden könntet, zumindest vielleicht mit Deiner Schwester…
    Aber dazu müsste ja Bereitschaft bei allen sein.

    Habe auch eine jüngere Schwester, mit der vieles nicht einfach ist.
    Haben uns dann aber so weit es ging zusammengerissen, um unsere demenzerkrankten Eltern zu betreuen.
    Mittlerweile ist unser Vater verstorben und wir mussten unsere Mutter nach einem Sturz im Pflegeheim unterbringen und kümmern uns auch da gemeinsam.

    Aber bei Dir scheint es ja noch viel komplizierter zu sein und da könnte wahrscheinlich nur ein Mentor von außen helfen, aber das müsste ja von allen gewollt sein.
    Es bleibt wohl schwierig…

    Fühl Dich umarmt!
    Und so schön, dass Du Freunde hast, die für Dich da sind – und natürlich Luca!

    Alles Liebe
    Marie-Lara

  • Jacqueline

    Liebe Andrea,

    danke für so viel Ehrlickkeit und Mut, dies zu schreiben.

    Du bist eine wundervolle Frau und Mutter!

    So traurig, dass es solche Eltern gibt. Und da bist du leider kein Einzelfall.

    Viele gute Gedanken schickt dir
    Jacqueline

  • Grit

    Hallo Andrea,

    zum Sonntag, keine leicht verdauliche „Kost“ und ich muß erstmal schwer schlucken. Respekt und Hut ab, so offen und ehrlich über dieses Thema zu schreiben und damit umzugehen.
    Ich lese hier als stille Leserin, seit du mit Luca nach Leipzig gekommen bist und deine Geschichte berührt mich. Dennoch bist du eine starke, selbstbewusste Frau, welche sich, auch in auswegslosen Situationen nicht unterkriegen lässt. Ich wünsche dir alles erdenklich Gute, sei lieb gegrüßt! Grit

  • Alexandra Berlit

    Liebe Andrea,
    Meine Mutter mit meinem älteren Bruder als Unterstützung waren mein Alptraum. Was auch immer ich gemacht habe, war verkehrt. Die ersten 30 Jahre meines Lebens habe ich versucht zu gefallen. Oder ich habe das Gegenteil gemacht, um überhaupt Aufmerksamkeit zu bekommen. Bis 40 habe ich mich von meiner Mutter getrennt, mich 10 Jahre schwer damit getan, gelitten und getrauert. Dann starb mein Vater. Der mochte mich wohl, konnte sich aber nicht durchsetzen. Das war für mich der Zeitpunkt, in eine andere Stadt zu fliehen. Ich habe immer auf ein Zeichen gewartet. Auf irgendwas, dass wir als Kernfamilie wieder zusammen finden können. Da kam aber nichts. Aufgearbeitet habe ich das erst in einer Therapie. Besonders, dass ich mich von meiner Mutter nicht verabschieden durfte, als sie gestorben ist. Es gab keinen schlimmem Streit oder sowas. Nur eben keine Liebe. Das kann auch mit sehr nahen Verwandten passieren. Keine Liebe, keine Beachtung. Dann sollte man aber für sich die Reissleine ziehen. Sonst hört es nie auf, weh zu tun.
    Danke für Deine Geschichte.
    Liebe Grüße von Alex

  • Andrea Panning

    Hallo Andrea,
    Ein Kontaktabbruch zu den Eltern hat immer eine Vorgeschichte denn kein Mensch macht das einfach mal eben so.
    Bei uns war es mein Mann der den Kontakt zu seinen Eltern abgebrochen hat.
    Neben uns wohnend hatten sie uns also unsere zwei Kinder und meinen Mann und mich immer im Visier.
    Es gab an uns immer etwas auszusetzen,egal ob Kindererziehung oder es wurden ständig Vorschriften gemacht wie wir was zu machen hätten,es war wirklich ganz schrecklich.Gespräche brachten nichts.
    Wenn die Kinder mal nicht wenigstens einmal in der Woche rübergegangen sind gab es ein riesiges Theater mit Drohungen das sie dann nichts später mal von dem Vermögen bekommen.
    Irgendwann,nach Jahren des Durchhaltens haben wir die Konsequenzen gezogen und alle einschließlich mein Mann den Kontakt abgebrochen und es geht uns besser.
    Auch da ist die Schwester meiner meines Mannes die ständig bevorzugt behandelt wurde und alles bekommen hat.
    Wir sind jetzt zufrieden und ich hoffe das wir gesund bleiben.
    Es ist bestimmt auch für Dich nicht ideal aber Du kannst Dein Leben so führen wie Du möchtest und Du hast einen tollen Sohn.
    Bleibt gesund und ich wünsche Euch alles Gute.🥰

  • Dorothe

    Liebe Andrea,

    ich habe das damals auch mitbekommen, als Du ins Krankenhaus gefahren bist und sehr schnell wieder zu Hause warst. Warum das so war ging und geht uns überhaupt nichts an, umso mehr bewundere ich Dich für Deine Offenheit. Man hört immer diesen alten Spruch: Blut ist dicker als Wasser, sprich, Familie steht über allem…nein, tut sie nicht. Meine Freunde kann ich mir aussuchen, in die Familie wurde ich zufällig hineingeboren. Ich habe so eine ähnliche Erfahrung mit meinem 12 Jahre älteren Bruder; wir haben uns in meiner Kindheit sehr gut verstanden, es änderte sich schleichend, als ich Mitte zwanzig war. Je mehr ich erreicht und mit meinem heutigen Mann aufgebaut hatte, umso kritischer und negativer wurde er. Es gipfelte an einem Heiligabend, den wir mit der ganzen Familie in unserem frisch gebauten Haus gefeiert haben. Nichts war richtig, es wurde an allem gemäkelt, dass ich zu meiner Schwester gesagt habe, noch so ein Spruch und ich werfe ihn raus. Irgendwann bekam ich die heftigsten Panikattacken und musste eine Therapie machen. Dabei wurde unter anderem auch die Beziehung zu meinem Bruder bzw. der Familie aufgearbeitet. Heraus kam, dass ich mich immer so verhalten habe, wie es die anderen von mir gewünscht haben und ich somit gemocht werde. Als ich das erkannt habe, habe ich erst herausfinden müssen, wer ich überhaupt bin. Somit hatte ich auch keinen engeren Kontakt mehr zu meinem Bruder. Wir haben uns zu den Geburtstagen gratuliert und das wars. Ich kann nur für mich sagen, dass es die beste Entscheidung war. Meine Seele kam zur Ruhe und konnte heilen. Deswegen kann ich nur jedem sagen, wenn es Menschen gibt, die Dir nicht gut tun, dann lass sie gehen, egal ob Freunde oder Familie. Lasst nicht zu, dass ihr deswegen krank werdet.

    Liebe Grüße
    Dorothe

  • Brödnow Silke

    Hallo meine Liebe Andrea ♥️

    Ich hab’s eben gelesen. Ich bin eine Tochter, deren Bild auf dem Nachtschränkchen stand.
    Irgendwann, viel zu spät habe ich gemerkt was das mit meiner Schwester macht.
    Ich kann nichts dafür und ich kann es auch nicht ändern, die Wunden sind zu tief.
    Es ist gut das auch mal aus einer anderen Sichtweise zu lesen.
    Ich wünsche dir das du damit okay bist, aber ich wünsche mir auch das jemand vielleicht das Band wieder aufnimmt und es nicht mehr aus den Händen gibt.
    Ich drück dich ganz dolle ♥️

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